18.09.2020
Abkommen der Golfstaaten mit Israel
Die Abkommen zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und dem Königreich Bahrain und Israel sind auf Geheiß des amerikanischen Präsidenten Donald Trump und auf Wunsch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zustande gekommen. Die Bekanntmachung und die Unterzeichnung der Abkommen, die angeblich den Frieden im Nahen Osten einläuten sollen, fallen zu einem für Trump wichtigen Zeitpunkt, nämlich kurz vor der amerikanischen Präsidentschaftswahl. Der durch seine undiplomatische Art und Weise sogar auf internationaler Ebene in Kritik geratene Trump (auf nationaler Ebene hat erst die Corona Politik und auch die Reaktionen auf den Tod des schwarzen George Floyd ihm geschadet) will seine israelfreundlichen Wähler, die Evangelikalen, mobilisieren und von seinen innenpolitischen Fehlleistungen ablenken und außenpolitisch glänzen.
Mit diesen Abkommen wird der von Jared Kushner, dem Schwiegersohn von Donald Trump, der als Jude besondere Pflichten gegenüber Israel empfindet, der so genannte „Deal des Jahrhunderts“ schleichend und auf Kosten der Palästinenser umgesetzt.
Diese „Vermittlungspolitik“ von US-Präsident Trump hat nun die arabische Welt grundlegend verändert. Israel schließt die Abkommen ab und spricht von Friedensvereinbarungen als stünden die Golfstaaten mit Israel im Krieg. Dabei verlassen die VAE und Bahrain den bis dahin verbindlichen panarabischen Konsens, wonach jede Normalisierung staatlicher Beziehungen an eine Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und den Palästinensern gekoppelt sein muss. Netanjahu feiert die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit den VAE und Bahrain als einen historischen Erfolg seiner Politik. Israel hatte indes wahrlich eine durchaus bessere Option als seine diplomatische Anerkennung durch zwei Golfstaaten. Die Staatschefs von 56 arabischen und islamischen Staaten waren bereit, normale Beziehungen zu Israel aufzunehmen, wenn es den von Saudi-Arabien ausgearbeiteten Friedensplan von 2002 akzeptiert hätte. Der Plan sieht immer noch vor, dass die arabische und islamische Welt ihre Beziehungen zu Israel normalisieren, wenn sich Israel auf seine Grenzen vor dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 zurückzieht und die Besatzung beendet. Außerdem umfasst der Plan die Gründung eines Palästinenserstaates wie sie in den internationalen Abkommen vorgesehen war. Israel hat eine historische Chance verpasst; es hat nie auf diesen Plan reagiert. Dass die neue Beziehung zwischen Israel und den VAE zur Beruhigung der Palästinenser die vorgesehene Annexion stoppt, ist eine Mär, da Netanjahu jetzt schon von deren Verschiebung spricht. Bleibt zu hoffen, dass Trump nicht den Friedensnobelpreis für diesen Verrat an den Palästinensern erhält.
Eine heftige palästinensische Protestresolution gegen die Anerkennung Israels durch die Golfstaaten fand bei einem Treffen der Arabischen Liga in Kairo keine Mehrheit. Stattdessen mehren sich die Anzeichen, dass weitere Staaten wie Oman, Kuwait und Saudi-Arabien ähnliche Abkommen mit Israel schließen könnten. Selbst das von den Golfstaaten isolierte Katar kooperiert intensiv mit Israel und versorgt den Gazastreifen mit Baumaterial, Lebensmitteln und Treibstoff.
Es ist eindeutig erkennbar, dass die USA und Israel den Aufbau einer Allianz mit diesen arabischen Staaten gegen Iran verfolgen. Alle zusammen scheren sich nicht mehr um das Schicksal der Palästinenser oder die Entwicklung der Palästinensergebiete. Und wenn Trump etwas erreicht hat, dann ist es, dass es ihm gelungen ist, die Palästinensische Autonomie-Behörde (PA) geschickt ins Abseits zu manövrieren. Die zu schwache PA hat sich allerdings mit der Ankündigung weiterer Annexionspläne im Westjordanland und im Jordantal selbst als Gesprächspartner herauskatapultiert, was Trump und Netanjahu durchaus erwarteten.
Mit der Anerkennung Israels durch die arabischen Golfstaaten erfährt Israel eine zusätzliche Aufwertung, da diese den Staat Israel ohne Festlegung von Grenzen akzeptieren und somit den Kushner-Plan vorbehaltlos bestätigen. Dieses beinhaltet die vollständige Negierung palästinensischer Rechtsansprüche auf Ostjerusalem und die faktische Annullierung der Zwei-Staaten-Lösung in den international festgelegten Grenzen von vor 1967. Mit seinen Alleingängen hat der egozentrische „Friedensfürst“ Donald Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt, die US-Botschaft dorthin verlegt, Israels Anspruch auf die Golanhöhen (welch eine Ironie, jetzt Trump-Höhen genannt) anerkannt, weitere Annexionen freigegeben und den Palästinensern einen inakzeptablen „Nahost-Friedensplan“ mit einem eigenen Staat, der nur abgelehnt werden konnte, in Aussicht gestellt. Der von Trump und Israel angebotene Staat Palästina würde sich nicht in den Grenzen vor 1967 mit der Hauptstadt Ostjerusalem, sondern zerstückelt in vielen Teilen, auch südlich vom Gazastreifen, ohne jegliche Außengrenzen und eigene Souveränität befinden (siehe Plan).
Frieden zwischen Israelis und Palästinensern ist unserer Auffassung nach durchaus möglich, wenn die internationalen Absprachen der Zwei-Staaten-Lösung umgesetzt werden und nicht ständig die Schaffung vollendeter Tatsachen hingenommen wird, ebenso Völkerrechtsverletzungen ignoriert werden und insbesondere die international verbrieften Rechte der Palästinenser missachtet werden.
Trump und Netanjahu schließen Abkommen zwischen Israel und den reichen Golfstaaten nur um ihre eigenen Interessen zu verfolgen und den so genannten „Jahrhundertdeal“ umzusetzen, wobei die Palästinenser um Anerkennung all ihrer Rechte betrogen werden und obendrein die Israel/Palästina bezogenen zahlreichen Resolutionen des Sicherheitsrats und der GA der Vereinten Nationen ignoriert werden. Hier geht es primär um Geldgeschäfte und um den Aufbau einer Allianz gegen den Iran, keine Voraussetzung also für das suggerierte vorgetäuschte Einläuten von Frieden im Nahen Osten. Diese Staaten schaffen es nicht einmal die Kriege in Syrien, Libyen oder im armen Jemen zu beenden.
Nazih Musharbash